Frontload im Entwicklungsprozess: Road-to-Rig Methodik durch innovative Messtechnik

Autoren

Dr. D. Höfler, Dipl.-Ing. S. Maxl, tectos gmbh, Graz

Jahr

2020

Druckinfo

Fortschritt-Berichte VDI, Reihe 12, Nr. 813

Zusammenfassung

Immer kürzer werdende Produktlebens- und Innovationszyklen sind eine große Herausforderung für die Automobilindustrie und verlangen nach immer effizienteren Entwicklungsmethodiken. Der allgemeine Trend des Frontloadings, unter anderem durch Road-to-Rig (R2R)-Methoden setzt sich weiter fort. Speziell im Noise Vibration and Harshness (NVH)-Engineering treten Probleme häufig vergleichsweise spät im Entwicklungsprozess auf. Die Gründe dafür sind vielfältig und können oft nur mit großem technischen und finanziellen Aufwand identifiziert werden. Die tectos gmbh arbeitet stets an neuen Produkten und Methodiken, um für unterschiedliche Antriebsstrangtechnologien NVH-Lösungen anbieten zu können.
Um NVH-Herausforderungen am Prüfstand und im Fahrzeug erfolgreich bewältigen zu können, wurde eine neue, datengetriebene Methodik für NVH-Messtechnikanwendungen entwickelt. Dabei wurde das bekannte R2R-Vorgehen um den Cross Industry Standard Process for Data Mining (CRISP-DM) erweitert. Die Analyse der Daten, die mit konventioneller NVH-Messtechnik generiert wurden, wurde mit Ansätzen und Methoden des maschinellen Lernens durchgeführt. Durch diese Bestimmung des Ist-Zustands aus unterschiedlichen Testprozeduren, welche die einzelnen Stadien im Entwicklungsprozess repräsentieren, konnten Optimierungspotentiale identifiziert werden. Dabei wurde rückwärts ausgehend von Real Driving Emissions (RDE) über einen Rollenprüfstand bis hin zum Komponentenprüfstand iteriert. Auf Basis dieses holistischen Systemverständnisses konnte ein Soll-Zustand für NVH-Messtechnik definiert werden.
Die gewonnenen Erkenntnisse wurden für die Entwicklung einer neuen Software genutzt, welche mit der zugehörigen Hardware die Basis für den tFender von tectos bildet. Der tFender ist ein neu konzipiertes NVH-Messsystem mit einem Fokus auf Aufbau- und Drehschwingungen von Fahrzeugantriebssträngen. Eine integrierte Schnittstelle zu echtzeitfähigen Simulationsmodellen setzt zusätzlich neue Maßstäbe in diesem Bereich. Neben der Erfassung und Bewertung von NVH-Phänomenen wurde auch ein System zur Minimierung von Drehschwingungen weiterentwickelt. Das directE Konzept ist ein aktiv dämpfendes, mechatronisches System, das Drehschwingungen in Antriebssträngen kompensiert. Die patentierte Lösung wurde anhand der ausgewerteten Daten speziell für den Einsatz in Kraftfahrzeugen und Motorrädern weiterentwickelt. Mit der konzipierten Methodik und den beiden Neuerungen stellt die tectos gmbh die Weichen für eine innovative und sichere Zukunft als NVH-Zulieferer.